LGBTIQ+Jugendliche in der Schweiz. Überblick über Organisationen, Schlüsselakteur*innen, politische Massnahmen und Projekte
Einführung
Trotz jüngster gesetzlicher Änderungen in Richtung einer stärkeren Inklusion von LGBTIQ+ Personen (d.h. lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans, intergeschlechtlichen und queeren Personen) sind LGBTIQ+ Jugendliche in der Schweiz immer noch mit Ungleichheiten, Ablehnung und Diskriminierung in verschiedenen Bereichen konfrontiert (Eisner & Hässler, 2021; Hässler & Eisner, 2022; ILGA-Europe, 2021). LGBTIQ+ Jugendliche berichten häufig, dass sie sich „nirgendwo sicher“ fühlen, insbesondere wenn die üblichen Schutzfaktoren - in den Bereichen Schule, Familie und Freund*innenschaft - unzureichend sind (Dayer, 2022). Jugendliche, deren sexuelle und romantische Orientierung nicht ausschliesslich heterosexuell ist, die sich nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren oder die intergeschlechtlich sind, sind häufig das Ziel von Mobbing und Gewalt im Bildungs- und Freizeitkontext (Hässler & Eisner, 2022; Weber & Gredig, 2018).
Um Gewalt und Ablehnung zu vermeiden, sind viele LGBTIQ+ Jugendliche immer noch gezwungen, ihre LGBTIQ+ Identität zu verstecken, was sie daran hindert, ihr ganzes Potenzial auszuschöpfen und sie selbst zu sein (Dayer, 2022). Darüber hinaus führen Erfahrungen von Unsichtbarkeit, Diskriminierung und Ablehnung (sogenannte Minderheitenstressoren; Meyer, 2003) häufig zu negativen gesundheitlichen Folgen für LGBTIQ+ Jugendliche, wie zum Beispiel höhere Raten von Depressionen, Angstzuständen und Suizid (Bomolo et al., 2022; Ott et al. 2017, Testa et al., 2015). Schweizer Daten, die im Auftrag des Bundesrats erhoben wurden, weisen ebenfalls auf ausgeprägte gesundheitliche Ungleichheiten bei LGBTIQ+ Personen in der Schweiz hin (Krüger et al., 2023). Neben negativen gesundheitlichen Folgen können Diskriminierungs- und Ablehnungserfahrungen auch die schulischen Leistungen betroffener Jugendlicher negativ beeinflussen oder sogar zum Schulabbruch führen (Koswic et al., 2013). LGBTIQ+ Jugendliche sollen ihr volles Potenzial ausschöpfen und unabhängige Erwachsene werden, die einen Beitrag zur Gesellschaft leisten und sich allgemein entfalten können. Es ist daher von grösster Wichtigkeit, die Akzeptanz und Inklusion von LGBTIQ+-Jugendlichen zu fördern.
Wichtig ist, dass das Akronym „LGBTIQ+ Personen“ viele verschiedene Gruppen mit gemeinsamen und spezifischen Herausforderungen beinhaltet. Die Daten unseres Schweizer LGBTIQ+ Panels deuten beispielsweise darauf hin, dass sich die Formen der erlebten Diskriminierung zwischen den Untergruppen der LGBTIQ+ Community unterscheiden können. Lesbische, bisexuelle und pansexuelle Frauen sowie trans und nicht-binäre Menschen sind häufiger Opfer von sexueller Belästigung als schwule oder bisexuelle Männer (Eisner & Hässler, 2021). Auch sind bi- und pansexuelle Menschen häufiger Ablehnung und Diskriminierung ausgesetzt als homosexuelle Menschen (Thöni et al., 2022). Darüber hinaus sind trans, nicht-binäre und/oder intergeschlechtliche Menschen eine besonders gefährdete Gruppe innerhalb der LGBTIQ+ Community: Sie erfahren mehr Diskriminierung, weniger Unterstützung und berichten über ein schlechteres Wohlbefinden (Eisner & Hässler, 2021, Hässler & Eisner, 2022). Schliesslich können LGBTIQ+ Personen, die einer oder mehreren zusätzlichen Minderheitengruppen angehören, Diskriminierung sowohl von ausserhalb als auch innerhalb der LGBTIQ+ Gemeinschaft erfahren (Heilmann et al., 2023). Diese Unterschiede in den Bedürfnissen und Merkmalen der einzelnen Untergruppen sollten bei der Stärkung von LGBTIQ+ Jugendlichen berücksichtigt werden.
Um bestehende Angebote sowie Lücken und Bedürfnisse zu identifizieren, hat das Team des Swiss LGBTIQ+ Panel im Auftrag des LGBTI Youth Fund einen Überblicksbericht erstellt. Hierbei haben wir Organisationen, Schlüsselakteur*innen, politische Massnahmen und Projekte identifiziert, die die Bedürfnisse von LGBTIQ+ Jugendlichen in der Schweiz adressieren und ihre Rechte fördern möchten. Die Ergebnisse dieses Prozesses geben einen Überblick über die Bandbreite der verfügbaren Unterstützungsangebote und Dienstleistungen und zeigen gleichzeitig die Unterschiede zwischen den Kantonen auf. Wir schliessen mit allgemeinen Empfehlungen zu Lücken oder Herausforderungen, die in den kommenden Jahren angegangen werden müssen, um den sozialen Wandel hin zu einer inklusiven, gerechten und sicheren Gesellschaft für alle Jugendlichen in der Schweiz zu fördern.
Autor_innen
Links
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- Webseite des Schweizer LGBTIQ+ Panels
Publikation Information
Institutionen:
Autor_innen:
Sprachen:
Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch
Medientyp:
Stadt:
Zürich
Jahr:
2023
Themen:
Disziplinen:
Diversity Themen:
LGBTIQ*
Forschungsthemen:
Kindheit – Adoleszenz/Jugend
Sexuelle Orientierung
Geschlechtsidentitäten
Diskriminierung – Marginalisierung – Segregation
Schulwesen – Ausbildung
Gesundheit – Medizin
Politik
Inklusion
Fächer:
Sozialpsychologie
Bereich:
Praxis, Forschung, Lehre
Form:
Studie, Bericht