Im tradierten Schweizer Geschichtsbild gilt die Alte Eidgenossenschaft als ein Land ohne Monarchie. Tatsächlich übten hier städtische und ländliche Korporationen seit dem Spätmittelalter weitgehende Herrschaftsrechte aus, während sich in grossen Teilen Europas die dynastische Fürstenherrschaft als Staatsform durchsetze. Dennoch beschränkte sich das monarchische Element in der politischen Kultur des Corpus Helveticum nicht auf die Solddienstallianzen mit europäischen Monarchen. Unter den Zugewandten Orten fanden sich vielmehr mehrere Herschaftsträger:innen mit Fürsten-Titel, darunter die Princes und Princesses de Neuchâtel, die Fürstbischöfe von Basel und die Fürstäbte von St. Gallen. Im Wallis und den Drei Bünden blieben die Fürstbischöfe von Chur und Sitten zentrale Player, während die Fürstäbtissinnen von Schänis neben den klösterlichen Privilegien auch ihre fürstlichen Titel bis zum Ende des Ancien Régime behaupten. Im Seminar rücken wir diese fürstlichen Akteurinnen und Akteure systematisch-vergleichend in den Blick. Durch welche Erbregeln oder Wahlverfahren gelangten sie in ihre Position? Welche familiären und politischen Verflechtungen brachten sie mit und pflegten sie weiter? Und wie gestalteten weibliche Fürstinnen und unverheiratete geistliche Fürsten ihre Geschlechterrollen in einem politischen Handlungsraum, der womöglich noch stärker als im höfischen Europa patriarchisch codiert war? Das Seminar bietet damit nicht nur einen Blick auf bisher vernachlässigte politische Entitäten im eidgenössischen Bündnisverbund, sondern eröffnet auch Perspektiven einer bisher ungeschriebenen politischen Geschlechtergeschichte des Corpus Helveticum.

Semestres:

Niveau:

MA , BA

Thèmes:

Disciplines:

ECTS:

7

Branches:

Histoire

Type de haute école:

Universités