Dieser Kurs ist eine Fortsetzung von Migrationsraum Türkei-Europa 1. Absolvent*innen von Teil 1 werden bevorzugt aufgenommen.
Die Verflechtungen zwischen Europa und der Türkei reichen in das Osmanische Reich zurück und nahmen bereits in den 1960er Jahren sowohl durch Anwerbeverträge als auch durch den Beginn der Verhandlungen um den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union rasch zu. In unterschiedlichen Wellen mit verschiedenen Ursachen und Zielen wanderten zuerst vor allem Arbeiter_innen, dann deren Familien und schliesslich in der Türkei politisch verfolgte Linke und Kurd_innen aus der Türkei in europäische Länder ein. Bedeutende Bevölkerungsgruppen mit Vorfahren in der Türkei leben seither in den deutschsprachigen Ländern Schweiz, Österreich und Deutschland.
Seither wurden die Zugewanderten aus der Türkei einmal als Arbeiter_innen, dann als kulturelle Minderheiten, Muslime und schliesslich als Nationalisten homogenisiert. Zugleich mischten sich Eingewanderte aus der Türkei und deren Nachkommen immer stärker in die Politik der Mehrheitsgesellschaften wie auch in transnationale Aktivitäten. Schliesslich führte die Politik der letzten Dekade innerhalb der Türkei zu einer Stärkung der islamischen Mittelschichten und zu einer Stärkung des türkischen Nationalismus, der auch in Europa Folgen hatte. Die zunehmend autoritären Strukturen in der Türkei führten zu einer weiteren Welle von Auswanderung gebildeter Mittelschichten aus der Türkei in unterschiedliche Länder Europas.
Diese Lehrveranstaltung vermittelt die Komplexität innerhalb und die Spannungen zwischen diasporischen und transnationalen Netzwerken und zeichnet neben den politischen und soziökonomischen Grundlagen aktuelle Beispiele aus transnationaler Politik, aus Diskursen zum Islam, zu Geschlechterverhältnissen, LGBT sowie Alltags- und Populärkultur (Popmusik, Film etc.) nach.
Die Veranstaltung beruht auf der Lehrveranstaltung im HS 2019 und vertieft/erweitert diese im Rahmen einer 10-tägigen Exkursion nach Wien. Die ethnographischen Lehrforschungen werden dabei vor Ort die Effekte der Entwicklungen in der Türkei auf die Stadt Wien, die transnationale Politik und die lokale politische Partizipation, die islamische Glaubensgemeinschaft, Debatten um das Geschlechtsverhältnis oder neue Zuwanderung aus der Türkei in die wissenschaftliche Landschaft ethnographisch und zeitgeschichtlich untersuchen.
Learning outcome
- Jüngere Geschichte der Türkei nachvollziehen und deren Auswirkungen auf die Migration nach Europa erkennen (theoretische Zuordnung)
- Ethnographische Beiträge zum Migrationsraum Türkei -Europa identifizieren und zuordnen (Forschungspraxis erproben)
- Gegenwärtige Spannungen entlang ihrer historischen Grundlagen verstehen und eine kontextualisierte Fragestellung entwickeln (Forschungspraxis erproben)
- Recherchearbeit zu den gewählten Fragestellungen entwickeln und umsetzen
- Umsetzung einer Forschungsfrage in eine begleitete Feldforschung (2 Wochen)
Semestres:
Niveau:
BA
Disciplines:
Institutions:
ECTS:
5
Branches:
Anthropologie sociale
Type de haute école:
Universités