Gesundheit und Geschlecht. Ein geschärfter Blick auf physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden

Nicht erst durch die COVID-19 Pandemie und deren Massnahmen rückte das Thema Gesundheit in den Mittelpunkt der persönlichen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Die aktuelle Gesundheitskrise macht aber einmal mehr deutlich, wie stark vergeschlechtlicht Gesundheit und Krankheit sind. Global betrachtet haben beispielsweise Personen, die dem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden, im Vergleich zu Personen männlicher Geschlechtszuordnung eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, an einem Herzinfarkt zu sterben, weil Herzkrankheiten als «männlich» gelten und vor allem männliche Symptome bekannt sind, was zu falscher oder verspäteter Diagnostik führen kann. Gleichzeitig zeigen etwa Hirn- oder Hormonfor-schung, dass die Aufteilung von Menschen in zwei Geschlechter nicht ausreichend ist, und ein vertieftes Verständnis von Geschlechterdiversität benötigt wird.

Die verschiedenen Geschlechter sind in unterschiedlichen Massen von Krankheitssymptomen, Krankheit und Sterblichkeit betroffen und nutzen das Gesundheitssystem und Präventionsangebote zum Teil unterschiedlich.
Soziale, gesellschaftliche, aber auch biologische Faktoren tragen zur Konstruktion von Geschlecht bei und beeinflussen alle Dimensionen von Gesundheit. Neben Geschlecht prägen soziale Kategorien wie Alter, sozialer Status und ethnische Zugehörigkeit Gesundheit und den Zugang zum Gesundheitssystem. Zudem ist das Gesundheitssystem stark vergeschlechtlicht mit Migration und Ökonomisierung verknüpft: in Pflege- und medizinischen Berufen sind zu einem überwiegendem Teil Frauen und Migrant*innen tätig. Aus diesem Grund muss Gesundheit und das Gesundheitssystem aus einer intersektionalen Perspektive betrachtet und analysiert werden.

Weiter ist es wichtig, Gesundheit mehrdimensional zu denken. Laut der WHO ist «Gesundheit ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen». Die Multidimensionalität von Gesundheit umfasst körperliche, psychische, seelische und soziale Anteile, welche sich gegenseitig beeinflussen. Zudem ist Gesundheit ein Grundrecht jedes Menschen und die Erhaltung dieser eine staatliche und weltgesellschaftliche Verpflichtung.
Die Ringvorlesung betrachtet und analysiert aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven, wie Gesundheit und ihre Multidimensionalität mit Geschlecht und Intersektionalität zusammenhängen und hinterfragt die normative Kraft des Begriffs der Gesundheit.

Programm

  • 24/02/22

Starre Geschlechterordnung & Que(e)re Diagnosen: Zum Verhältnis der Medizin zu LGBTIQ+-Personen

Dr. David Garcia Núñez (Schwerpunkt für Geschlechtervarianz, Universitätsspital Basel)

  • 17/03/22

Zwang unter der Geburt - Ergebnisse einer bevölkerungsbezogenen Befragung und Interviewstudie
Dr. Stephan Oelhafen (Berner Fachhochschule)

  • 31/03/22

Erschöpfung – ein «Frauenthema»? Geschlechter-analytische Annäherungen.

Dr. Franziska Schutzbach (Universität Basel)

  • 28/04/22

Depression und Biographie. Krankheitserfahrungen migrierter Frauen in der Schweiz
Dr. Amina Trevisan (Sozialhilfe des Kantons Basel-Stadt)

  • 05/05/22

Verschärfte Normalität im Ausnahmezustand. Transnationale Care-Arbeit in Privathaushalten unter COVID-19
Dr. Sarah Schilliger (Universität Bern)

  • 12/05/22

How do women die?: Femicide, Intimate Partner Violence, and the intersectional conditions of inequality in life and death
Via Zoom

Dr. Faten Khazaei (Goldsmiths University of London)

  • 19/05/22

Access to health care for women with disabilities in Nepal

Via Zoom

Dr. Christine Bigler (Universität Bern), Dr. Sony KC (Kathmandu University) und Yamila Sofia Pita (Universität Bern)

Semestres:

Niveau:

MA

Disciplines:

ECTS:

2

Branches:

Etudes Genre

Type de haute école:

Universités